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Religion in Anderer Sprache: Entstehung, Bewahrung Und Funktion Religios Bedingter Diglossie

Religion in Anderer Sprache: Entstehung, Bewahrung Und Funktion Religios Bedingter Diglossie

Paperback

Religion General

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ISBN10: 383250978X
ISBN13: 9783832509781
Publisher: Logos Verlag Berlin
Published: Nov 15 2005
Pages: 233
Language: German
Gegenstand der Arbeit ist die in vielen Religionen verbreitete Verwendung einer besonderen, von der im Alltag gebrauchten abweichenden Sprache. Auf der Grundlage der detaillierten Beschreibung einiger Falle dieser Sonderform der Diglossie werden Entstehung, Aufrechterhaltung und Funktionen von Religionssprachen untersucht. Bei der Entstehung der religiosen Diglossie lassen sich zwei Haupttypen unterscheiden, je nach dem ob die Religionssprache zuvor eine L- oder eine H-Position einnahm. Aus einer L-Sprache entwickeln sich Religionssprachen typischerweise in Minderheitensituationen, ein haufiger Fall der Entwicklung aus einem H sind dagegen expansive Religionen, die sich in einer Phase der Starke uber ihr ursprungliches Sprachgebiet hinaus ausbreiten. Dass sowohl H- als auch L-Sprachen zu Religionssprachen werden konnen, zeigt, dass die religiose Domane nicht eindeutig den H-Domanen zugerechnet werden kann, sondern vor allem in ihrer Bedeutung fur die Identitatssicherung auch Gemeinsamkeiten mit L-Domanen aufweist. Ein Sonderfall ist die sprachinterne Entwicklung der Diglossie, bei der die Sprache der religiosen Domane den Sprachwandel in anderen Domanen nicht mitvollzieht. Da diese Religionssprache ebenfalls uber die H-Domanen zustande kommt und haufig zugleich eine Expansion stattfindet, wurde sie dem zweiten Typ zugeordnet. Fur einen dritten Entstehungstyp, bei dem die Religionssprache eine Innovation darstellt, fanden sich nur wenige Beispiele, deren Einordnung als Diglossie zudem zweifelhaft ist. Haufiger entstehen so religiose Register oder Argots. Doch auch diese belegen eine Tendenz der sprachlichen Absonderung der religiosen Domane von anderen Domanen. Zur grossen Konservativitat der Religionssprache und damit zur Stabilitat der Diglossie tragt bei, dass die Religion keine Domane des naturlichen Spracherwerbs ist. Eine abweichende Religionssprache muss daher institutionell vermittelt werden und unterliegt nicht dem im naturlichen Erwerbsprozess stattfindenden Sprachwandel. Da die referentielle Sprachfunktion im religios-rituellen Sprachgebrauch nur eine untergeordnete Rolle spielt, wird sie im Unterricht nur dann weitergegeben, wenn die Religionssprache auch anderen Verwendungsweisen dient, ansonsten wird das weniger aufwandige Textlernen dem Lernen des Sprachsystems vorgezogen. Die Abhangigkeit von der institutionellen Vermittlung bedeutet, dass Religionssprachen durch die Einfuhrung sakularer Bildungssysteme unter Druck geraten. Fur moderne Gesellschaften sind Religionssprachen daher ambivalent. Sie tragen als Identitatsmarker zur Stabilisierung der Gesellschaft bei, konnen aber in Konkurrenz zu anderen Bildungsinhalten treten. Die am Kommunikationsmodell orientierte Analyse zeigte einige Besonderheiten der Funktionen religioser Sprachverwendung. Auf Seiten der Kommunikationspartner dominiert in religiosen Sprachausserungen die Ausdrucksfunktion, was sich aus der wichtigen Rolle der Religion fur die Konstruktion kollektiver Identitaten und dem geringen Bedurfnis nach Informationsvermittlung innerhalb der Religion ergibt. Zum anderen zeichnen sich viele religiose Sprachverwendungen durch die (vermeinte) Beteiligung eines untypischen Kommunikationspartners aus. Da die Konversationsmaximen jedoch in Geltung bleiben, folgen aus dieser Beteiligung untypische (und insofern wieder kongruente) Sprachverwendungen. Die Zeichenrelation der Sprache wird in der religiosen Sprachnutzung gelockert, auf die eindeutige Dekodierung der Sprachzeichen kann verzichtet werden. Die Sprache wird in ihrer religiosen Verwendung weniger als Code angesehen, sondern fallt mit dem Dargestellten in eins, sie gilt daher als unabhangig von ihrer Zeichenhaftigkeit wirksam und ubernimmt die Funktion einer direkten Beeinflussung der Wirklichkeit. Die festgestellten Besonderheiten erfordern nicht zwingend den Gebrauch einer fremden Sprache in der religiosen Domane, sie begunstigen ihn aber und tragen daher zur Stabilitat religioser Diglossien bei.

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